Es ist ja schon zur abgefuckten Gewohnheit geworden, dass Focus Online sich in der Social Media Welt bedient durch Screenshots von Tweets (andernfalls könnten ja die Urheber Wind bekommen), Facebookposts oder auch einfach mal Fotos, die ohne Lizenz verwendet werden. Auch ist es gängige Praxis, dass die Burda Onlinemedien bei YouTubern anklopfen und fragen, ob sie nicht die Mediafiles mit dem Originalmaterial bekommen können um sie in den eigenen Player einzuspielen – ohne allerdings die eigentlichen Urheber an den Werbeerlösen beteiligen zu wollen. Auch hat man sich daran gewöhnt, dass es keinerlei Communitymanagement gibt. Rückfragen bei Facebook und Twitter landen beim Focus in der dialogfreien Zone.
Im Fahrwasser von Bild & Co
Was Stefan Niggemeier aber heute offenbart, lässt dann mehr als Zweifel am gesamten journalistischen Erscheinungsbildes des Online-Ablegers des "Nachrichtenmagazins", das sich Anfang der Neunziger einmal zum Konkurrenzblatt des Spiegel stilisiert hat, aufkommen. Bisher war die Stimmungsmache gegen oder für Flüchtlinge vor allem Dieckmanns BILD und den angeschlossenen Social Media Kanälen der Springerpresse vorbehalten, die ihr Fähnchen – wie gewohnt (auch ablesbar an der Berichterstattung der Vergabe der Fußball-WM 2006) – so in den Wind stellt, dass möglichst viel Auflage und Reichweite dabei herausspringt. Völlig egal auf wessen Kosten. Das ist Meinungsjournalismus und hat mit Fakten oft nicht einmal marginal zu tun. Nun also auch Burdas "Focus Online".
Den Brandstiftern den Streichholz reichen
Ganz offensichtlich haben Online-Redaktion und das Social Media Team gezielt manipuliert, um den Brandstiftern dieser Republik Nahrung zu liefern. Anders lässt es sich kaum interpretieren, dass ein monatealter Artikel hervorgekramt wird, in dem es um die Forderung einer islamischen Vereinigung in Duisburg geht, die inzwischen längst überholt und abgelehnt wurde. Wer die Details und Hintergründe wissen möchte, dem sei Stefans Blogpost dazu zur Lektüre empfohlen. In einem weiteren Fall wurde durch Auslassung und Verfälschung bewusst der Eindruck erweckt, unser Innenminister habe sich wegen der Flüchtlinge von Bildungsstandards an unseren Schulen verabschiedet. Beide Fälle sind weniger fahrlässig als gezielt eingesetzt worden. Offenbar in dem Bewusstsein, dass sich auf diese Weise ordentlich Resonanz erzielen lässt. Die Kommentare unter den entsprechenden Facebookeinträgen kann man sich auch ohne Zitation sicher sehr gut vorstellen. Unter dem zuerst erwähnten Artikel bedanken sich dann die Leser dafür, dass sich der Focus "nicht dem Pressediktat" unterwerfe.
Lügenpresse par excellence
Es ist absurd: Die gewissen- und schamlosen Vertreter einer besonderen Spezies von "Journalisten" und Social Media Redakteuren (Manager ist hier das falsche Wort, denn dann würde ich suggerieren, dass hier etwas gemanaged würde – Dialoge etwav- und das ist defintitv irreführend) bekommen Lob dafür, dass sie gezielt falsch informieren. Wäre der Begriff nicht ideologisch von Nationalsozialisten wie Göbbels und Anhängern der Pegida-Bewegung und seinen Unterstützern aus dem rechten Lager von AfD bis NPD vorbelastet, wäre die Terminologie "Lügenpresse" in solchen Fällen eine durchaus angemessene Beschreibung.
#OccupyFocusOnline – schlagt sie mit den eigenen Waffen
Wäre nicht ein seit Jahren geschätzter Kollege Teil der Focus-Redaktion, es gäbe überhaupt keinen Grund mehr, sich mit diesem aufmerksamkeitsgeilen "Elaborat" auseinanderzusetzen. Das ist Brandstiftertum unter dem Deckblatt des vermeintlich differenzierten Journalismus der allerübelsten Art. Die einzig angemessene Reaktion darauf ist aber kein Boykott! Im Gegenteil! Eine angemessene Reaktion darauf ist "Occupy Focus Online!" Wer Kosten und Mühen scheut, die Kommentare unter den eigenen Facebookposts zu managen, der muss damit leben, dass diese Funktion von der "Crowd" massenhaft genutzt wird, um über die Verfehlungen aus dem Hause Burda zu informieren. Also: Auf geht's!
Update: Auf Wunsch des mir vertrauten Kollegen habe ich nach einer Überarbeitung des Textes nun deutlicher zwischen Focus und Focus Online differenziert und seinen Namen entfernt.