Alle Jahre wieder trifft sich im September die digitale Wirtschaft bei der DMEXCO in Köln. Für viele Branchenkolleg:innen ist das seit mehr als 15 Jahren ein echtes Klassentreffen. So auch für mich. Insofern habe ich einen einigermaßen geschulten Blick auf das, was in Köln geschieht. Dabei bemühe ich mich stets darum, diesen Blick nicht dadurch einzutrüben, dass ich in gewisser Weise Teil des DMEXCO Teams bin. Wir kümmern uns seit einigen Jahren mit pr://ip in unterschiedlichen Rollen um unterschiedliche Dinge. 2024 um die internationalen Medienpartner. Da zugleich aber auch unsere Kunden hier ausstellen, sind wir auch Jahr für Jahr gefordert, zu bewerten, wie es um das Kosten-Nutzen-Verhältnis bestellt ist. Gleiches gilt für Marketingverantwortliche aus unserem Umfeld, die wissen wollen, ob es sich lohnt und wenn, wofür es sich genau lohnt, nach Köln zu kommen. Insofern traue ich mir nicht nur einen weitestgehend objektiven Blick auf das Geschehen zu, sondern habe seit Jahren auch die notwendige Distanz zur gesamten Branche mit ihren systemimmanenten Blasen, in denen sie sich ganz gern bewegt.
Fokus und mehr Ruhe für echtes Business: Ein Unterschied zur OMR
Jahr für Jahr wird von außen immer wieder die Frage gestellt, ob eine Veranstaltung wie die DMEXCO noch zeitgemäß ist. Und Jahr für Jahr stellen viele der Aussteller fest: Ja! Denn die persönlichen Gespräche vor Ort haben – anders als beim Hamburger OMR-Rummel – die notwendige Tiefe und das Aufkommen an Ausstellern und Besucher:innen ist letztlich für alle Beteiligten auch noch irgendwie zu handhaben. Was nicht heißt, dass es nicht auch in Köln laut ist. Dennoch bleibe ich dabei: Für erfolgreiches Business braucht es eben auch den nötigen Fokus – wie für so viele Dinge im Leben, die richtig gut oder erfolgreich werden sollen. Und ja: Mit zunehmendem Alter versuche ich, die schlimmsten Lärmquellen zu umgehen und mir für die Gespräche, die ich hier führen möchte, die entsprechende Umgebung zu suchen. Dass ich mit dieser Meinung keine exklusive Wahrnehmung habe, zeigen die Nachberichte von Frank Puscher für die MEEDIA, Anton Priebe für die Adzine oder auch von onlinemarketing.de. Dass Verena Gründel im Interview mit der MEEDIA ebenfalls in ihrer Einschätzung in weiten Teilen mit meiner Wahrnehmung übereinstimmt, finde ich durchaus bemerkenswert.
3 Dinge, die dieses Jahr besser waren
- Ganz offensichtlich – ohne mir die Zahlen hierzu genauer angesehen zu haben – der zweite Tag. Das Programm, in dem an Tag 2 nicht nur der CMO- und Creativity-Summit, sondern auch einige namhafte Sprecher:innen zu finden waren wie Céline Flores Willers (für die Influencerbubble), Sascha Lobo oder Sascha Pallenberg. Das ist insofern bemerkenswert, als dass die DMEXCO auch mehr und mehr kritische Stimmen in das Geschehen integriert. In Zeiten, in denen Künstliche Intelligenz sowie selbsternannte oder auf manchmal verschlungenen Wegen entstandene Influencer:innen die Themenagenda bestimmen – sowie eine Vielzahl anderer Technologien und Phänomene, die vielleicht weniger umstritten, aber in puncto Sinnhaftigkeit, Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit zumindest Fragen aufwerfen, scheint mir genau das sehr wichtig zu sein. Im Ergebnis hat das – nach subjektivem Empfinden und Rücksprache mit anderen Teilnehmer:innen, die seit Jahren dort zu Gast sind – zu mehr Besucher:innen am zweiten Tag geführt.
- Die Center Stage am Ende der Halle 6 sowie die Platzierung der Masterclasses. Es ist kein Leichtes, die Lautstärke der verschiedenen Bühnen so zu entzerren, dass die Besucher:innen vor den Bühnen auch aufmerksam bleiben. Das ist in diesem Jahr besser gelungen. Vor allem die Trennung der Masterclasses hat dafür gesorgt, dass es kein gegenseitiges Übertönen mehr gab. Die Platzierung der Hauptbühne in Halle 6 hat für neue Ströme und Laufwege gesorgt, ohne dass es die Themenwelten irgendwie gestört hat.
- Die Koexistenz mit der Digital X. Wer wollte, der konnte mit dem DMEXCO-Ticket auch zur zeitgleich an verschiedenen Orten der Innenstadt stattfindenden Digital X gehen. Hier waren dann auch die richtig großen Namen wie Dirk Nowitzki, Julian Nagelsmann oder die Fantastischen Vier – fraglich bleibt, was sie jetzt eigentlich genau mit dem Thema Digitalisierung verbindet. In Hamburg bei der OMR passiert das alles an einem Ort. In Köln freue ich mich darüber, dass es getrennt ist und ich mich – wie 40.000 andere Besucher:innen – auf die Business-Themen fokussieren kann. Wer etwas anderes will, kann es eben aber auch bekommen. Dass Köln mit beiden Veranstaltungen zum Hotspot digitaler Technologien wird, ist in jedem Fall nicht von Nachteil.
4 Dinge, die nächstes Jahr besser werden können
- Internationalität: Vorab muss ich eingestehen, dass ich vor Ort kaum Zeit für Vorträge und/oder Masterclasses hatte. Angesichts der Tatsache, dass ich aber eben doch viele internationale Besucher:innen wahrgenommen habe, finde ich es persönlich schade, dass einige Sessiontitel zwar auf Englisch angekündigt werden, dann aber in deutscher Sprache stattgefunden haben. Es gibt zwar jeweils den Hinweis darauf, aber allein die Tatsache, dass auf den ersten Blick ein anderer Eindruck entsteht, ist schade. Bei einigen internationalen Medien ist so über die Jahre leider der Eindruck entstanden, dass die DMEXCO eine zunehmend deutsche Veranstaltung ist. Hier gibt es sicher Korrekturbedarf – auf der Bühne und somit auch in der gesamten Außendarstellung. Es soll aber nicht unerwähnt bleiben, dass es andere Teilnehmer:innen gab, die das Event deutlich internationaler empfunden haben.
- Start-up Stage und Ökosystem: Wenn ich es richtig wahrgenommen habe, war es das einzige Umfeld, das aufgrund der mittig platzierten, offenen Bühne mit der Lautstärke zu kämpfen hatte. Sowohl die umliegenden Stände als auch die Bühne selbst. Hier gibt es baulich sicher noch Optimierungsmöglichkeiten. Zudem bin ich fest davon überzeugt, dass der Rahmen für das gesamte Ökosystem – von Investoren über Workshop-Angebote und die Einbindung passender Netzwerke und Initiativen – noch Luft nach oben bietet. Andererseits bin ich mir sicher, dass das auch schon erkannt ist. Umso gespannter bin ich auf 2025.
- Schwieriges Streaming: Mit Netzproblemen wie ich sie noch vor einigen Jahren als Teilnehmer hatte und die auch Aussteller in der Vergangenheit immer mal bemängelt haben, muss schon länger niemand mehr kämpfen. Selbst unser Kunde alugha, der KI-basierte Übersetzungen für Videos anbietet und somit aus Demozwecken auf ordentliche Bandbreiten angewiesen ist, konnte sich nicht beklagen. Einzig audiotechnisch konnte ich mitunter Probleme beim Streaming beobachten. Konkret: Beim Roundtable am t3n-Stand wurden während des Livestreams des Digital Bash mit onlinemarketing.de zwar zusätzliche Lautsprecher aufgebaut. Die rund 900 Teilnehmer:innen im Web dürften das Geschehen jedoch weitaus störungsfreier und entspannter verfolgt haben, als ich mein eigenes Gespräch mit Luca Caracciolo beim Digital Bash vor Ort. Die Lautstärke der angrenzenden Techstage wurde – zumindest in diesem Jahr – offenbar unterschätzt. Aber wir lernen ja alle von Jahr zu Jahr dazu…
- Ich habe Thomas Koch verpasst. Aus der Rubrik: Shit happens! Der Kalender am ersten Tag war so voll, dass es 2024 zum ersten Mal kein Treffen mit Mr. Media gegeben hat. Nun ja, ein Grund mehr für uns beide, im kommenden Jahr wieder dabei zu sein. Wer nicht versteht, warum mir der Austausch so wichtig ist, dem empfehle ich seine Kolumnen für die Wirtschaftswoche oder den brand eins Podcast mit ihm zum Thema Nachhaltigkeit in der Werbebranche. Lesens- und hörenswert. Für mich aber bei der DMEXCO vor allem sehenswert.
Mein persönliches Fazit: Alle Jahre wieder auch in 2025
Wie schon in den letzten Jahren ist mein größter Gewinn die Vielfalt: Themen, Begegnungen und Aktivitäten. Die Treffen mit Medienpartern von Adformatie über Horizont.at und The Drum bis zu Videoweek und anderen liefern immer wieder eine andere Perspektive auf die DMEXCO, die Branche und den Standort Deutschland. Und nicht selten ergeben sich aus diesen Gesprächen nicht nur spannende Ansätze für die künftige Zusammenarbeit, sondern auch spontane Aktionen, wenn etwa die Kollegen von The Drum ihr Netzwerk vor Ort zur exklusiven Spritztour im mobile.de Autoscooter einladen. Funfact: In England ist sowohl das Rückwärtsfahren als auch das Fahren gegen die Fahrtrichtung untersagt und die Fahrt wird so lange unterbrochen, bis die Übeltäter das Fahrgeschäft verlassen haben. Umso größer war die Freude der Beteiligten, den Linksverkehr in Köln straflos praktizieren zu können.
Zufriedene Kunden vor Ort. Ob Inovisco, die in Halle 8 eine hohe Frequenz an guten Kontakten hatten und auch eine ordentlich besuchte Lecture zum Thema Retail Media, oder Cynapsis, die nicht nur immersive Cases und Technologien zu bieten hatten, sondern mit Marcus Veigel auch einen echten Nerd in Sachen Datenkreativität beim Creativity-Summit auf die Bühne gebracht haben, oder alugha, die als Young Innovator nach eigenen Aussagen sehr hochwertige Interessenten am Stand hatten und nicht zuletzt auch Sascha Pallenberg angezogen haben. Für sie hat sich das Investment nach erstem Eindruck auf jeden Fall gelohnt. Und sie werden auch 2025 wieder dabei sein. So wie ich. Egal in welcher Rolle.
Was mir an der DMEXCO nach all den Jahren gefällt, ist bei allem Geklapper vor allem die Bodenständigkeit, mit der hier Geschäft betrieben wird. Es geht nicht um Rekorde und Sensationen, sondern darum, wie digitale Technologien im Business-Umfeld wirkungsvoll eingesetzt werden. Und ja: Mir bringt der gezielte Besuch bei Ausstellern, die ich mir in aller Regel vorher schon ausgeguckt habe, mehr als der Besuch der Konferenzbühnen. Das liegt allerdings auch daran, dass ich mich das gesamte Jahr über ausschließlich mit den Themen, die dort präsent sind, befasse. Und soweit ich es bisher beobachten konnte, gibt es auch in den Fachmedien eigentlich nur ein positives Echo. Es war also nicht nur für mich persönlich eine gelungene Veranstaltung, die – und auch das finde ich wichtig – in Zeiten der weitverbreiteten Nörgelei durchaus so etwas wie Aufbruchstimmung verbreiten konnte. Kritische Stimmen von Menschen, die gar nicht vor Ort gewesen sind, kann ich ohnehin nicht so wirklich ernst nehmen. Ich jedenfalls freue mich auf 2025, auch wenn die Nachlese der vergangenen DMEXCO-Tage noch gar nicht richtig begonnen hat.